Sören Jochim (Foto: privat)

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"Einen Haufen Geduld und generelle Lockerheit"

Bereits mit sechs Jahren fand Sören Jochim den Einstieg in den Badmintonsport über seine aktiven Eltern. Nachdem er einige Erfahrung sammelte, trat er im Alter von neun Jahren dem SFL Bremerhaven bei. Er versuchte sich in seiner Kindheit auch in anderen Sportarten wie Fußball, Handball und der Leichtathletik, aber Badminton setzte sich als Hauptsportart durch.

Von Michael Clemens

 

Nach seinem Abitur herrschte im Heimatverein, dem SFL Bremerhaven, akuter Trainermangel, was Sören dazu bewegte im Jugendtraining mit anzupacken. Durch sein duales Studium bei Siemens als Informationstechniker, reiste er in vielen deutschen Städten umher und beschloss danach ein Zweitstudium in Mathematik in Trier draufzusetzen. Das Praktikum und Praxisphasen ließen ihn erstmal unbeeindruckt und er intensivierte seine Tätigkeiten im Badmintonbereich. Er übernahm beim FSV Trier-Tarforst zunächst eine Honorartätigkeit, beendete seine Ausbildung als C-Trainer und ist seit 2012 fest angestellter hauptamtlicher Trainer im Verein. Was es mit dem Wertebaum in der 2018 gegründeten Badmintonschule auf sich hat und wie der einst badmintonfremde Ort nun aufblüht, lest Ihr in folgendem Interview:

Was begeistert Dich so an der Sportart Badminton?
„Die Komplexität der Sportart ist klasse, es gibt ständig etwas Neues zu entdecken. Zudem mag ich den Reiz, nie Gewissheit über die Taten meines Gegenübers zu haben.“

Warum bist Du Trainer? Was bedeutet die Tätigkeit für Dich?
„Ich arbeite schlicht und einfach gerne mit Menschen. Die Entwicklung und Ausbildung von Athlet*innen zu verfolgen und zu prägen ist etwas Einzigartiges.“

Wieso hast Du bisher noch keine weiterführende Trainerausbildung gemacht?
„Aktuell habe ich das Gefühl, keine weitere Ausbildung zu brauchen, jedoch schließe ich das für die Zukunft nicht aus. Ich bin in meinem Beruf zufrieden und habe bisher noch keine höheren Ambitionen.“

Wer hat Dich als Trainer geprägt?
„Als erstes springt mir Rainer Diehl in den Kopf, natürlich gibt es noch einige Trainer*innen mehr.“

Gibt es drei Dinge, die Du als Trainer gelernt hast?

  • Einen Haufen Geduld und eine generelle Lockerheit, wenn ich falsche Technikbilder sehe.
  • Eine Verbesserung meiner Kommunikationsskills in den letzten Jahren, vor allem in den Themen Ansprachen und Ansagen im Trainingssetup.
  • Mein eigenes Technikbild hat sich maßgeblich verbessert, was ich auf meine generelle Offenheit und Neugier zurückführe.

Wie sollte eine optimale Trainingsatmosphäre in der Halle aussehen?
„In der Halle sind Spaß und Freude an erster Stelle, gepaart mit intrinsischer Motivation bei den Athlet*innen. Es lässt es sich optimal trainieren.“

Was sind Deine drei Tipps, wie man als Trainer*in im Kindertraining auftreten sollte?
„Wenn man in die Tür eintritt, sollte man stets klar sein und alles was man aus dem Alltag mitgenommen hat, fallen lassen. Zudem muss der Fokus der Trainerperson stets bei den Kids liegen! Das heißt: sie bei ihrem Trainingsstand abzuholen, sich schnell ein Stimmungsbild zu beschaffen und sie nach einem anregenden Training mit Vorfreude auf das nächste Mal zu entlassen.“

Was ist Deine 'Best-Practice'-Übung im Kinder- & Anfängertraining?
„Ballrollenspiele und Wurfübungen.“

Eine Maßnahme mit der Du Unpünktlichkeit in den Griff bekommen hast?
„Am Anfang musste man bei zu spät kommen vor der Gruppe singen, aber inzwischen ist es reine Beharrlichkeit.“

Welches Wort verwendest du häufigsten beim Loben deiner Athleten*innen?
„Super!“

Welche Momente im Training zaubern Dir ein Lächeln ins Gesicht?
„Im Grunde immer dann, wenn ein*e Spieler*in erkenntlich den Inhalt verstanden hat. Aber auch wenn zwei Trainer*innen zwar genau den gleichen Tipp geben, es aber bei den Athlet*innen völlig anders ankommt.“

Welcher Rat hat Dir in Deiner Karriere am meisten geholfen?
„Sich die Frage zu stellen: Wer bin ich?“

Welchen Tipp möchtest Du allen Trainer*innen in Badminton-Deutschland mitgeben?
„Man sollte selbst nicht überzeugt davon sein, die Wahrheit zu kennen“

Was war Deine bislang emotionalste Erfahrung als Trainer?
„Es ist einfach rührend, Kinder- und Jugendliche über mehrere Jahre hinweg zu begleiten. Die Höhen und Tiefen, die unmittelbare Entwicklung und fortschreitende Prägung der Persönlichkeit sind nur drei Faktoren, die mich berühren!“

Als ich Spieler in Mannheim war, erlitt ich einen zunächst nicht diagnostizierten Kahnbeinbruch (ein Miniknochen im Handgelenk), wodurch es so aussah, als ob ich kein Badminton mehr spielen könnte. Nach Monaten gab es dann doch die richtige Diagnose und mir konnte geholfen werden. In dieser Zeit habe ich gemerkt, was Badminton mir bedeutet und ich sehe es als Privileg an, die Sportart ausführen zu können.“

Badmintonschule B.E.S.T

Mehr über das Konzept der Badmintonschule Elite School Trier (B.E.S.T) ist unter folgendem Link zu finden.

Wie ist die Badmintonschule aufgebaut? Welche Kooperationen habt ihr?
„Aktuell haben wir eine sehr fruchtbare Kooperation mit dem Mehrspatenverein FSV Trier-Tarforst. Zuerst war ich in diesem Verein als Trainer angestellt und habe drei Mal die Woche für Jugend und Erwachsene Training gegeben. Als ich den Vorschlag tätigte, dieses Angebot deutlich auszubauen, waren sie begeistert davon. Seitdem versuchen wir stetig das Trainingsangebot auszubauen und wir können eine deutliche Steigerung der Athlet*innen feststellen. Im Kern ist jedoch keine strikte Trennung von Hobby und Profis, vor allem bei den jüngeren Jahrgängen, vorgesehen. Wir sehen uns aktuell nicht als reinen Leistungssportverein.

Leider haben wir eine gewisse Limitierung durch die Felderanzahl. Im Winter sind wir derzeit auf vier Felder begrenzt, im Sommer können wir das verdoppeln. Das Trainingsangebot ist fest an die Felderanzahl gekoppelt. Wir suchen und finden neue Möglichkeiten für 2021!“

Was ist euer Nachwuchskonzept in Kurzform?
„Nachhaltige, solide Ausbildung badmintonbegeisterter Spieler*innen. Bisher haben wir noch kein festes und wiederholendes Sichtungsprogramm eingeführt. Wir bauen nach und nach den Leistungszweig auf, so nachhaltig wie nur möglich. Dabei zählen wir vor allem auf interne Werbung durch unsere Mitglieder und den Verein. Im Jahr 2018 haben wir die Badmintonschule gegründet, seitdem sind wir bereits Landesstützpunkt geworden und sind gerade in der Bewerbung als DBV-Talentnest.“

Habt ihr ein bestimmtes Beitragskonzept entwickelt?
„Ja, es gibt drei Bausteine, zwischen denen sich jemand entscheiden kann. Als erstes muss man, um Badminton bei uns spielen zu können, den Hauptverein plus den Spatenbeitrag für die Badmintonabteilung zahlen. Wer nun an der Badminton Elite Schule trainieren möchte, muss noch einen zusätzlichen Beitrag - gekoppelt an den gewollten Trainingsumfang - entrichten.“

Wenn man in die B.E.S.T eintritt fällt ein großer Baum auf, was bedeutet er?
„Insgesamt haben wir sogar drei Plakate mit jeweils verschiedenen Themen visualisiert. Auf dem ersten Plakat blüht ein Badmintonbaum mit vielen Federbällen, der im Stamm die Wurzeln des Badminton wie etwa Schlagtechnik und Haltung enthält. Ein weiteres Plakat mit einem großen Herz soll das „Heart of a Champion“ aufzeigen, wozu Mut, Zielstrebigkeit, Disziplin und Fairness gehören. Im letzten Plakat ist eine Pyramide mit Schlagworten zu finden, die den Fortschritt vom breit ausgebildeten Sportler hin zum sportartspezifischen Athleten aufzeigen.“

Szenarien:

Deine neue Trainingsgruppe ist komplett heterogen, wie gehst Du mit dieser Situation um?!
„Alle Guten schnappen sich einen, der etwas schwächer ist und erklären für 15 Minuten das Technikbild in ihren Worten und Gesten. Danach wird zusammen trainiert und abschließend gespielt!“

Ein Leben ohne Badminton, wohin mit Deiner Begeisterung?
„Badminton ist meine Leidenschaft, aktuell leider durch Covid-19 schon sehr eingeschränkt. Daher schreibe ich noch an einem eigenen Buch. Ohne Badminton würde ich mich anderen kreativen Tätigkeiten hingeben, mit denen ich den Tag füllen könnte.“

Wenn Du jetzt entscheiden müsstest welchen Schlag und welche Lauftechnik Du bis an dein Leben Ende durchführen musst, welche wären das?
„Als Lauftechnik würde ich definitiv den Ausfallschritt wählen, weil damit am meisten Feld abgedeckt werden kann. Die Schlagtechnik meiner Wahl wäre vermutlich der Swipschlag, weil ich damit am besten täuschen kann.“

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