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"Entspannt, familiär - aber trotzdem fordernd"

Sven Weichenhain startete im Alter von 17 Jahren mit dem Badmintonsport. Bis dahin war Sport für ihn ein Mysterium und nur durch unnötige Anstrengungen geprägt. Ein einschneidendes Schlüsselerlebnis, indem er eine Rally zum Schulbus gegen eine ältere Dame verlor, motivierte ihn endlich sportlich aktiv zu werden.

Von Michael Clemens

 

In seinem Heimatdorf war die Sportlandschaft dünn besiedelt und nach einigem Ausprobieren entschied er sich für die vielfältige Sportart Badminton. Dort traf er auf alte Grundschulfreunde und zerpflückte gemeinsam mit ihnen den Badmintoncontent auf YouTube. Kurz darauf übernahm Sven große Verantwortung als Abteilungsleiter im Verein ATV Volkmarsdorf. Er konnte nicht mehr zusehen, wie die Badmintonabteilung, welche bisher nur aus Erwachsenen bestand, langsam zerbricht. Drei Jahre später verletzt sich Sven am Kreuzband. An diesem Tag war ihm klar, Qualität und Verletzungsprophylaxe muss der Fokus jeder Trainingseinheit werden. Getrieben von dieser Motivation zieht es Sven 2014 in die C-Trainerausbildung. In der Ausbildung „lernte ich das erste Mal Badminton richtig kennen. Das davor war im Vergleich Federball!“.

Bereits vier Jahre später entschied sich Sven in die Zukunft des Vereins zu investieren, nämlich in die Kinder- und Jugendarbeit. Hierzu eröffnete die Badmintonabteilung Volkmarsdorf 2018 eine Jugendabteilung, parallel dazu bildete sich Sven zum DBV-Talentscout und C-Trainer Leistungssport fort. Seitdem ist ein starker Aufwärtstrend der Jugendabteilung zu sehen. Insgesamt beschreibt er den Verein als badmintonverrückt und teilt tiefe Verbundenheit. Im folgenden Interview erzählt Sven über die Vereinsentwicklung und seine Überzeugung vom Badmintonsport.

Wieso ist Badminton die beste Sportart für Dich?
„Ich verbinde mit der Sportart viele emotionale Momente und bin davon überzeugt das Badminton aus Menschen Persönlichkeiten macht. Weiter ist es eine rein logische Entscheidung die Sportart auszuführen, da sie laut Dr. Müller-Wohlfahrt einen langfristig gesund hält.“

Wann hast Du Dich für die Tätigkeit als Trainer entschieden?
„Die endgültige Entscheidung fiel mit meiner ersten großen Verletzung, einem Kreuzbandriss. Ab diesem Zeitpunkt wollte ich das Training effektiver und verletzungsprophylaktischer gestalten.“

Warum bist Du Trainer? Was bedeutet die Tätigkeit für Dich?
„Ich möchte ein Vorbild für die Kinder- und Jugendlichen sein, das ich damals leider nicht hatte. Dazu teile ich meine Begeisterung für den Sport und mache gern auch die eine oder andere anstrengende Übung mit!“

„Der Badmintonsport und die Trainertätigkeiten bedeuten mir alles. Ich fühle mich tief verbunden mit meinem Heimatverein und den Menschen dort. Es ist ein gelungener Ausgleich zum Beruf und erfüllt mich Freude.“

Wer hat Dich geprägt als Trainer?
„Den ersten großen Schritt habe ich dank Rainer Diehl gemacht. Weiter hat mich Oliver Roth neu inspiriert und mir Mut zum Weitermachen gegeben. Abschließend möchte ich erwähnen, dass mich die Arbeit und Motivation von Hannes Käsbauer und Karsten Besser begeistern und antreiben.“

Trainerfortbildungen C+ & DBV Talentscout

„In meiner C-Trainerausbildung habe ich das erste Mal Badminton gesehen und trainiert. In den spannenden Fortbildungstagen erfuhr ich wie vielseitig Badminton ist, dass es Rahmenbedingungen benötigt und dieser Sport unglaublich viel Spaß machen kann!“

„Den DBV-Talentscout habe ich beim derzeitigen Hauptreferenten Rainer Diehl absolviert. Hier habe ich vor allem kindgerechtes Training ("Badminton ist wie ein Kindergeburtstag") und wie sehr man als Trainer die Atmosphäre bestimmt, gelernt. Erschütternd war für mich damals die Erkenntnis, wie viel Potential ich als Trainer habe.“

Gibt es drei Dinge, die Du als Trainer gelernt hast?
„Ich habe die letzten Jahre gelernt, mich selbst nicht so ernst zu nehmen und ein Vorbild für andere zu sein. Weiter verstehe ich Kinder-Badmintontraining als großen Kindergeburtstag und setze das in unserer Halle auch so um.“

Was macht Dein Training aus?
„In meinem Training versuche ich ein Bewusstsein für gemeinsame Ziele zu schaffen. Zudem liegt es mir am Herzen, dass sich meine Athlet*innen gegenseitig coachen und Feedback geben können. Ich denke vor allem im Vereinsbereich muss man klar dafür sein, dass Personen oder Trainer*innen jederzeit ausfallen können.“

Wie sollte eine optimale Trainingsatmosphäre für erfolgreiches Kindertraining aussehen?
„Sie sollte entspannt, familiär - aber trotzdem fordernd sein! In meinem Verein arbeiten wir gerne mit Wochen- oder Monatsaufgaben, die unserer Meinung nach Kommunikation und Gemeinschaft fördern.“

Was sind Deine drei Tipps, wie man als Trainer*in im Kindertraining auftreten sollte?
“Im Mittelpunkt des Kindertrainings sollten Freude und Spaß am Bewegen stehen. Trainer*innen sollten engagiert und offen für Neues sein sowie die Eigenschaften besitzen, das auch zu fördern.“

Welche Momente im Training zaubern Dir ein Lächeln ins Gesicht?
„Hier gibt es sehr viele Momente, die mich immer wieder mit neuer Begeisterung anstecken, zum Beispiel, wenn ich mitbekomme, wie sich die Persönlichkeit von Athlet*innen verändert, sie selbstständiger werden oder Rituale als ihre Mentalität annehmen.“

Welcher Rat hat Dir in Deiner Karriere am meisten geholfen?
Der beste Weg, die Zukunft vorauszusagen, ist, sie zu gestalten und dafür braucht es ein Team um einen herum, das die ähnlichen Philosophien und Ideen mitträgt und gestaltet.

Welchen Tipp möchtest du allen Trainer*innen in Badminton-Deutschland mitgeben?
Das Trainerdasein, sollte stets durch Unterstützung, Erfahrungsaustausch und stetige Weiterbildung geprägt sein, gepaart mit Lockerheit und Freude zur Arbeit.

Was war Deine emotionalste Erfahrung als Trainer bisher?
„Als meine Schützlinge in der REM U13 im Mixed Halbfinale gegen die Favoriten verloren haben. Trotz Niederlage waren der Zusammenhalt und die Zusammenarbeit auf dem Feld einzigartig. Ich war als Coach in diesem Spiel völlig überflüssig und durfte bestaunen, wie sie als Team auftraten!“

Vision Verband Sachsen & Verein

Hast Du eine Vision für Deinen Landesverband Sachsen?
„Meiner Meinung haben wir hier in Sachsen ein verschlafenes Potential! Bis auf die Bundesligamannschaft in Jena (Thüringen), welche durch viele sächsische Spieler*innen bestückt ist, passiert hier nicht viel. Ich versuche mit meinem Verein und der Zusammenarbeit anderer Vereine Sachsen nach außen zu tragen und den Nachwuchsbereich zu verbessern. Ein Traum wäre die Einrichtung eines Talentzentrums in Leipzig mit Anbindung an eine Sportschule bis 2030. Derzeit setze ich mich für die Entstehung eines Nachwuchsstützpunkts ein.“

Welche Projekte und Visionen hast Du für Deinen Verein ATV Volkmarsdorf?

Vereinsleben Volkmarsdorf
„Unser Verein ist wie eine große Familie und das auch über den Trainingsbetrieb hinaus. Uns Ostdeutschen liegt das einfach im Blut! Wir unterstützen uns wo und so viel es geht, keiner scheut sich etwas für den anderen zu tun. Ich bin sehr glücklich mit der Entwicklung und dem Engagement meiner Abteilung!“

Unsere Projekte und Ziele
„Unser größtes Projekt im Jahr 2020 war es neben der Ausrichtung der Südostdeutschen Meisterschaft O19, ein DBV-Talentnest 2021 zu werden. Das haben wir endlich geschafft! Wir freuen uns darüber trotz aktueller Umstände ein umsetzbares Konzept auf die Beine gestellt zu haben. Ein weiteres Projekt ist unsere Badmintonbegeisterung durch Events oder Wochenendlehrgänge zu teilen. Ein Highlight war die Weihnachtsverlosung vor zwei Jahren von Tobias Wadenka und Oliver Roth, welche ich gewann. Die beiden haben unsere gesamte Abteilung motiviert und begeistert und wir wollen mehr!“

Wir arbeiten mit zwei anderen kleinen Vereinen aus der Umgebung von Leipzig zusammen. Ich nenne dieses Projekt immer Leuchtturmprojekt, da es zeigen soll, dass es mehrere kleine Vereine gemeinsam sehr weit schaffen können. In dieser Kooperation organisieren wir gemeinsam Trainingslager, Turniere (z. B. die Südostdeutsche Meisterschaft O19), Traineraustausche und Vereinswettkämpfe. Diese Zusammenarbeit motiviert und bereichert Trainer*innen und Spieler*innen!

Weiter befähigt unser Verein, etwas aktiv beisteuern zu können und lädt dazu ein, gemeinsam an der Vision Badminton in Volkmarsdorf zu arbeiten. Dazu haben wir den digitalen Bereich des Vereines ausgebaut und bilden Projektgruppen, welche transparent Tätigkeiten aufzeigen, die noch zu erledigen sind. Im gleichen Atemzug möchte ich die Ehrung und Anerkennung von ehrenamtlichen Helfer*innen in meinem Verein nennen. Wir sehen das Ehrenamt als keine Selbstverständlichkeit an und honorieren dies regelmäßig durch Kleinigkeiten wie z.B. ein Handtuch zum Geburtstag.“

Wie meistert ihr die Covid-19 Situation?
„Wir pflegen eine gute Bindung zu unserer Jugend, den Eltern und dem Erwachsenenbereich. Durch die Schließung der Hallen sind wir gezwungen in Onlineformate auszuweichen, hier bearbeiten wir spielerisch badmintonspezifische Themen und spielen unser Onlineformat als Trainer*innen gegen unsere Trainingskids während der Heimtrainingsphase. Das funktioniert gut und der Kontakt kann aufrecht gehalten werden. Weiter befindet sich in unserem Trainerstab eine Lehrerin ausgebildet als DBV-Talentscout, die bei schulischen Problemen aushelfen kann. Gerade in der Zeit des Homeschoolings fallen leider strukturschwache Kinder und Jugendliche in ihrer schulischen Leistung sehr ab. Wir hoffen, dass die Hallennutzung bald wieder möglich ist, denn allen juckt es schon in den Fingern!“

Was fehlt Deiner Meinung nach in Deutschland, um langfristig mehr Spieler*innen in die internationale Spitze zu führen?
„Ich denke wir sind mit den Projekten des DBV auf dem richtigen Weg, welche allesamt das Ziel verfolgen die breite Basis besser zu machen. Nur so wird man die Kirsche auf der Torte erhalten!

Großes Potential sehe ich weiterhin in der Verbreitung von existierenden deutschen Formaten und Literatur zum Badmintonsport. Diese sollte vermehrt, mit Nachdruck publiziert und an die Masse herangetragen werden. Spontan fällt für mich darunter: Tobias Wadenkas YouTube-Kanal, Racketmind, Vereinsentwicklungsseminare mit namhaften Referent*innen und auch Klassiker wie das Buch von Holger Hasse und Detlef Poste sowie Diemo Ruhnows Homepage ein.“

Szenarien:

In Deiner aktuellen Trainingsgruppe befinden sich zwölf 13-jährige Mädchen, was unternimmst Du, um sie nachhaltig an den Verein zu binden?
„Meiner Erfahrung nach steigen viele Mädchen in dem Alter aus, weil sie den Wettkampfdruck nicht mögen. Ich versuche Spaß an Training und Bewegung zu vermitteln und genau dafür suche ich Athletinnen. Weiter pflege ich einen engen Draht zu den Athletinnen und halte ihnen stets die Tür für einen Wiedereinstieg offen!“

Wenn Du einen Wunsch an Tobias Wadenka und Oliver Roth frei hast, welcher wäre das?
„Der Wunsch an Oliver wäre, dass er nochmal zu uns nach Volkmarsdorf kommt. Dieses Mal machen wir dich fertig! Ein abschließendes Doppel gegen Tobi und Olli wäre auch ein nettes Geschenk!“

Stell Dir ein Leben ohne Badminton vor, wohin mit Deiner Begeisterung?
„Ehrlich gesagt wüsste ich nicht, was ich dann mache. Badminton hat mich persönlich weiterentwickelt und treibt mich seit der Jugend wie ein Motor an! Wenn ich selbst kein Sport mehr machen kann, werde ich mir andere ehrenamtliche Aufgaben suchen, wie z.B. im Verband mitwirken.“

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