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"Uns fehlt es an Geschmeidigkeit und Kreativität"

Christoph Schnaase blieb fast nichts anderes übrig als Badmintonspieler zu werden. Da seine gesamte Familie badmintonbegeistert ist - sein Vater Michael ist mehrfacher Deutscher Einzelmeister - war die Sportwahl besiegelt.

Von Michael Clemens

 

Im Alter von sechs Jahren lernte er den mehrfach Deutschen Meister Marc Zwiebler kennen, was seine Begeisterung für den Sport bestärkte. Schon in jungen Jahren fuhr Christoph auf Turniere und lebte den Sport mit Haut und Haar.

Im Interview mit badminton.de erzählt Christoph von zwei besonders prägenden Erlebnissen in seiner Trainer- und Spielerlaufbahn: Ein Trainingslager in Indonesien, aus dem er verschiedene Rückschlüsse als noch aktiver Spieler ziehen konnte. In Indonesien wird im Badminton zuerst Widerstandfähigkeit geschult, danach Spielwitz, Kreativität und Spaß. Die Leidenschaft mit der Badminton in Indonesien gespielt und geschaut wird ist laut Schnaase unvergleichlich. Der Mix aus Spaß, Instinkt und Kreativität mache den "Indostil" aus.

Der zweite Meilenstein stellt die Betreuung und Unterstützung der eigenen Schwester Karin Schnaase dar. Hier konnte Christoph eine Vielzahl an Erkenntnissen und Erfahrungen für seine Trainerkarriere machen. Er lernte, wie man einer Sportlerin helfen kann, sich den Traum von Olympia zu erfüllen. Dies erfordert Hilfe, Unterstützung und Begleitung auf vielen verschiedenen Ebenen. Tiefere Einblicke und Information rund um Christoph Schnaase sind im folgenden Interview dargestellt.

Christoph, wieso ist Badminton die geilste Sportart für Dich?
„Badminton sehe ich als Kampfkunst an, auch ohne körperlichen Vollkontakt. Die Bandbreite im Badminton mit unterschiedlichsten Bewegungselementen ist enorm. Im Hinterfeld Smashhärte entwickeln „wie mit einem Hammer in der Hand“, um im Anschluss am Netz den Ball so fein zum Trudeln zu bringen „als würde man mit Stäbchen essen“.

Warum bist Du Trainer? Was bedeutet die Tätigkeit für Dich?
„Ich möchte den Sportler*Innen dabei helfen, dass sie ihr innewohnendes Potential zur Entfaltung bringen können, sich dabei erfreuen und sie idealerweise ihre Träume im Leistungssport verwirklichen können. Dabei möchte ich meine Erfahrungen, die ich im Leben mit Leistungssport gemacht habe, weitergeben.“

Wer hat Dich geprägt als Trainer? Hast Du ein Vorbild?
„Zunächst mein Vater Michael und Rachmat Hidayat. Rachmat inspiriert mich auch heute noch sehr. Später dann strukturell Holger Hasse, Detlef Poste und aktuell sehr intensiv Xu Yan Wang. Außerdem ist John Dinesen enorm inspirierend für mich.“

Gibt es drei Dinge, die Du als Trainer über Dich als Mensch selbst lernst bzw. gelernt hast?
„Ich habe gelernt, Organisation und Struktur innerhalb eines Systems zu wahren. Ebenfalls habe ich ein Bewusstsein als Leader einer Gruppe entwickelt und meine Selbstreflexion verbessert. Vor allem die Analyse meiner Außenwirkung versus was ich tatsächlich alles kann, hat mir hierbei geholfen.“

Auf welchem Gebiet bist Du Experte?
„Ich versuche mein Bestes zu geben. Ob es zur Expertise reicht müssten andere bewerten.“

Was macht Dein Training aus?
„Ich versuche es kreativ zu gestalten, lasse Raum für Improvisierungen innerhalb eines groben Plans. Lauftechnische und laufrhythmische Elemente bilden das Fundament und wird man bei mir immer finden. Die Herausforderung besteht für mich aber letztendlich in der Veredlung bzw. der Harmonisierung von Lauf und Schlagtechnik in Abhängigkeit von der taktischen Spielsituation. Ebenfalls möchte ich ein Bewusstsein dafür schaffen, dass das Training nicht nur in der Badmintonhalle, sondern auch in der Freizeit passiert.“

Welcher Rat/Tipp hat dir in Deiner Karriere am meisten geholfen?
“Ein guter Freund von mir gab mir folgende Frage mit auf den Weg: How to be good?“

Welchen Hinweis/Tipp möchtest Du allen Trainer*innen in Badminton-Deutschland mitgeben?
„Ab und zu auch mal zurückzutreten und das eigene Ego hinten anstellen. Der Fokus und Blick eines Coaches sollten stets der Gruppe gehören.“

Was ist deine Geheimwaffe, um Athleten zu motivieren?
„Eine enge, persönliche Bindung zu den Athleten*innen. Desto tiefer und detaillierter, desto besser!“

Was war deine emotionalste Erfahrung als Trainerin bisher?
„Mit meiner Schwester Karin hatte ich, bedingt durch unsere enge Bindung, sehr viele emotionale Momente. Mit am stärksten ist mir das Finale bei den Swedish International in Erinnerung geblieben. Hier spielte Karin gegen ihre unmittelbare Mitkonkurrentin um die Olympiateilnahme Olga Roj (geb. Konon). Nach einem hart umkämpften Spiel gewann Karin knapp im dritten Satz. Das war psychologisch ein vorentscheidener Sieg auf dem harten Weg Richtung Rio 2016. Danach bin ich aufgesprungen und aus der Halle gerannt, wusste nicht wohin mit meinen Emotionen.“

„Deutscher Mannschaftsmeister 2014 mit dem Heimatverein SC Union 08 Lüdinghausen in eigener, aus allen Nähten platzender Halle war natürlich auch ein Highlight.“

Visionen

Was passiert bei Euch zurzeit? Vision für Deine Struktur?
„Am Bundesstützpunkt wollen wir Athleten*innen entwickeln, die später Medaillen auf den großen Turnieren gewinnen können. Aktuell arbeiten wir gemeinsam für die Olympia-Qualifikation unserer Athleten*innen.“

Was fehlt Deiner Meinung nach in Deutschland, um langfristig mehr Spieler*innen in die internationale Spitze zu führen?!
„Das Trainingsalter unserer Konkurrenten*innen ist oft deutlich höher als das unser Athlet*innen. Das Problem liegt hier meiner Meinung nach am fehlenden, frühen Commitment und dezentralen Trainingsangeboten in niedrigeren Altersklassen. Daher brauchen wir auch Geduld und das Bewusstsein, erst im späteren Alter den Leistungshöhepunkt zu erreichen.“

„Wir brauchen VorBILDER, müssen uns Inspirationen aus Badminton-Mationen holen, die voller Euphorie und Leidenschaft für den Sport leben und diese Emotionen für den Sport auf uns wirken lassen und eigene Träume entwickeln.“

„Am indonesischen Spiel gefällt mir die Geschmeidigkeit und Kreativität sehr. Ich denke auf diesen Gebieten können wir noch sehr viel lernen.“

Szenarien:

Du trainierst spontan eine Kindergartengruppe mit 30 Teilnehmern, die keine Badminton-Erfahrung haben, was tust Du?
„In der Sportstunde wird gerannt, getobt, kreativ gearbeitet und spielerisch erlernt.“

Marvin Seidel fragt bei Dir Individualtraining an, fühlst du Dich bereit oder was fehlt Dir noch?
„Ich bin bereit!“

Du beschließt von heute auf morgen den Trainerberuf hinzuschmeißen, was machst Du stattdessen?
„Das kommt für mich nicht in Frage, denn der Berufszweig Trainer fasziniert und erfüllt mich. Ich möchte einen Beruf ausüben, der von Nützlichkeit und Bedeutung ist. Im Trainerberuf finde ich diese Werte wieder.
Sollte aber mal tatsächlich der Moment kommen, dann wird mir auf jeden Fall nicht langweilig.
Wahrscheinlich würde ich einen Job suchen, der sehr naturverbunden ist und nicht mehr in der Halle stattfindet.“

Lebenslauf & Trainerverlauf:

1982 Geburt
2003 Abitur
2003 Zivildienst & erste schwere Knieverletzung
2004 Start Sportwissenschaftsstudium - parallel Trainer
2005 Autounfall, Ende der aktiven Leistungskarriere
2006 Orientierung Richtung Trainer
2012 B-Trainer – viele Hospitationen in Mühlheim an der Ruhr
2013 - 2016 Heimtrainer von Karin Schnaase (DBV-Minijobanstellung)
2014 A-Trainer Abschluss
2016 - 2018 Hauptamtlicher Trainer in Lüdinghausen
Seit 1.1.18 am BSP ¾ Stelle als Bundestrainer

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