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"Bei mir arbeiten Trainer und Spieler auf einer Ebene"

Nach ihrem Schulabschluss hat sich Kathrin Wanhoff im Alter von 19 Jahren für eine Bankkaufmannlehre entschieden und diese 2002 erfolgreich abgeschlossen. Danach wechselte Kathrin in die Sportfördergruppe der Bundeswehr, um ihre Badmintonkarriere möglichst professionell zu betreiben.

Von Michael Clemens

 

Von 2010 bis Juni 2020 arbeitete die mehrfache Deutsche Meisterin bei der Volksbank Bottrop. Durch ihre Karriere in der Nationalmannschaft bekam Kathrin die Möglichkeit, während ihrer zweiten Schwangerschaft an der A-Trainerausbildung Badminton teilzunehmen, die sie im Jar 2011 erfolgreich abschloss. Seit ihrem Lizenzerwerb warb Holger Hasse (ehemaliger Chef-Bundestrainer und aktueller Geschäftsführer Badminton NRW) im Zwei-Jahrestakt bei Kathrin um eine Vollzeitstelle als Trainerin, lange erfolglos. Sie wählte stets den "Vernunftsweg" und erfüllte sich mit ihrem Ehemann den Kinderwunsch.

Das Jahr 2020 sollte jedoch eine Wendung bringen. Kathrin, inzwischen finanziell unabhängig und eine Familie mit drei Kindern gegründet, entscheidet sich ihrem Herzen zu folgen und die Stelle als Landestrainerin NRW anzunehmen. Welche Qualitäten Kathrin als Trainerin ausmachen und was sie zum Jobwechsel veranlasst hat, erfahrt ihr im folgenden Interview.

Wieso ist Badminton die beste Sportart für Dich?
„Badminton berührt mich bis heute und zieht mich seit jeher in seinen Bann. In meiner eigenen Spielerlaufbahn habe ich einige Höhen und Tiefen zu verzeichnen, die mich zu der Person machen, die ich heute bin. Zudem kommt die Vielfältigkeit des Sports, die meiner Meinung nach einzigartig ist.“

Wann hast Du mit den Trainertätigkeiten angefangen?
„Bevor ich im Sommer 2020 Landestrainerin in NRW geworden bin, habe ich von Zeit zu Zeit immer wieder Trainingsgruppen übernommen. Holger Hasse hat quasi im Zwei-Jahrestakt nachgehakt, ob ich nicht als Vollzeittrainerin arbeiten möchte. Jetzt endlich habe ich mich dazu entschieden, das Hobby zum Beruf zu machen.“

Warum bist Du Trainerin? Was bedeutet die Tätigkeit für Dich?
„Ich möchte das zurückgeben, was ich in meiner eigenen Jugend und Spielerlaufbahn erleben durfte. Viele großartige Vereine und Trainer*innen zeichnen meinen Weg. Zudem ist Badminton der Anker in meinem Leben, womit ich unzählige emotionale Momente verbinde und auch meinen Partner und Ehemann kennengelernt habe.“

Welche Trainerqualifikationen bringst du als Spielerin mit?

  • Persönlichkeit: „Ich bin eine super neugierige Person und finde Freude daran neue Dinge zu lernen. Weiterhin lebe ich den Badmintonsport und habe eine generelle Offenheit gegenüber anderen Menschen.“
  • Trainerherz: „Mich begeistert es Athleten*innen bei ihrer Entwicklung zu begleiten. Ich möchte gemeinsam mit den Spielern wachsen und ihnen beratend zur Seite stehen. Durch meine eigenen Kinder habe ich die eine oder andere Coachingsituation schon miterlebt.
  • Eigene Spielerlaufbahn: „Ich habe Höhen und Tiefen während meiner Spielerlaufbahn erlebt und kann diese Erfahrungen in den Trainerberuf einbringen. Zudem habe ich hinreichend Erfahrung im Nachwuchsleistungssport durch das eigene Training erleben dürfen. Im Zuge der A-Lizenzausbildung und meiner Trainingserfahrung habe ich ein technisches Grundverständnis, welches natürlich noch Lücken aufweist. Zusammen mit dem Trainerteam in Mülheim und weiteren Hospitationen werde ich mich auf den aktuellen Stand bringen.“

Wer hat Dich geprägt als Trainerin?
„Beeinflusst haben mich unter anderen: Holger Hasse, Detlef Poste und Nicole Baldewein.“

Welche Dinge hast Du seit dem Jobwechsel im Juli gelernt?
„Erstmal ist es super befreiend mit vielen Männern zusammen zu arbeiten. Weiterhin lerne ich aktuell immer noch die Trainersicht kennen und mit den Launen der Athleten*innen umzugehen.“

Was macht Dein Training aus?
„Wichtig ist mir, dass Coach und Spieler*in zusammen auf einer Ebene am Thema arbeiten. Dafür strebe ich eine gewisse Gleichstellung an, wobei ich gleichzeitig meine Erwartungen an die Athleten*innen präsentiere. Natürlich muss jede Einheit ebenfalls Spaß und Freude enthalten.“

Welche Momente im Training zaubern Dir ein Lächeln ins Gesicht?
„Toll finde ich, wenn die Athleten*innen auf mich zukommen und nochmals eine Spielform spielen wollen. Ebenfalls genieße ich eine gewisse Lautstärke in der Halle, die geprägt durch Schlagqualität und Wettkampfmotivation ist.“

Welchen Tipp möchtest Du allen Trainer*innen in Badminton-Deutschland mitgeben?
„Lernt von anderen Trainer*innen und ergänzt euch gemeinsam mit Euren Kollegen*innen.“

Vision Frauen in Trainertätigkeiten:

Wieso gibt es so wenige Trainerinnen in Badminton-Deutschland?
„Wir benötigen eine sichtbarere Akzeptanz von Frauen in Trainerberufen. Leider stößt man oft noch auf Vorbehalte oder muss sich seinen Respekt hart verdienen. Weiterhin sind Frauen in Sportdeutschland eher eine Rarität, wobei sicher die kulturelle Sicht der Frau einen großen Faktor spielt. Frauen kümmern sich um die Familie und sind nach der Geburt erstmal familiär gebunden. Belastend kommt hinzu, dass die geteilte Elternzeit mehr Spott als Respekt erntet.

Aktuell hängt das Trainerbild immer noch mit vielen Unsicherheiten zusammen. Vor allem die vorherrschende zeitliche Begrenzung ist ein kritischer Faktor in vielen Köpfen.
Abschließend finde ich es bedauerlich, dass aktuell noch so wenige Frauen der Mut packt, sich in den Trainerberuf zu wagen. Ich denke, dass gerade die verschiedenen Sichtweisen der beiden Geschlechter sich sehr gut ergänzen.“

Wie ist es als einzige Frau in einem Männerteam?
„Mir persönlich macht die Arbeit in gemischten Teams deutlich mehr Spaß. Da ich selbst sportverrückt bin, orientieren sich meine Gesprächsthemen auch in diesem Bereich. Männer sind Männer, Frauen sind Frauen. Ich denke gelegentlich muss man über den einen oder anderen Witz drüberstehen.“

Szenarien:

In Deiner aktuellen Trainingsgruppe befinden sich zwölf 13-jährige Mädchen, was unternimmst Du, um sie nachhaltig an den Verein zu binden?
„Meiner eigenen Erfahrung nach ist das Schaffen einer Gemeinschaft und eines festen Freundeskreises im Badminton ausschlaggebend. Als ich in dem Alter war, war das Training quasi das Treffen mit den Freunden. Nach der Halleneinheit ging es dann noch an den See oder zu anderen Aktivitäten.“

Ein Leben ohne Badminton, wohin dann mit Deiner Begeisterung?
„Da mein Leben quasi aus Badminton besteht, ist das keine Option. Aber natürlich würde ich viel Zeit mit meiner Familie verbringen. Der Traum eines eigenen Hauses auf Korsika könnte dann ja vielleicht doch noch Realität werden.“

Wenn Covid-19 noch das ganze Jahr 2021 andauern würde – was sind Deine Gedanken dazu?
„Bei dieser Thematik schlagen in meiner Brust zwei Herzen: ein Vernunftsherz und ein Sportlerherz. Ich denke am Ende müssen wir versuchen das Beste daraus zu machen, aber für noch ein weiteres Jahr wären die aktuellen Auflagen sehr hart. Die Belastung für Kinder, Athleten*innen und die Familien ist mit Homeschooling und Kontaktbeschränkungen groß. Wenn nicht einmal mehr der Hund noch Lust hat spazieren zu gehen, ist eigentlich alles gesagt.“

Werdegang Sport: Kathrin Wanhoff

  • Mit 6 Jahren Tennis & Tanz
  • Mit 12 ½ Jahren Badminton in der Schul-AG gestartet -> direkt in den Verein PSV Gelsenkirchen -> Jugend trainiert für Olympia (6 gute Spieler*innen), Benny kennengelernt
  • Mit 17 in die BL gewechselt, mit Nicole Baldewein als Doppelpartnerin und sehr gute Freundin
  • Erste schwere Knieverletzung mit 18 Jahren -> Bewusstsein für richtiges Trainieren entwickelt
  • Mit 19 Jahren Wechsel nach Köln zum Training (drei Tage die Woche), Bankkaufmannlehre bis 22 Jahre
  • 2002 Achillessehnenverletzung bei der Westdeutschen, Eintritt in die Bundeswehr
  • 2003 Umzug nach Mülheim an der Ruhr und Mitglied der Trainingsgruppe der Damen
  • 2008 Karriereende nach knapp verpasster Olympiaqualifikation, schwanger mit erster Tochter
  • 2009 – 2011 Bundesliga-Einsätze für den FC Langenfeld
  • 2016: O35 Europameisterin im Mixed gemeinsam mit Ehemann Benjamin Wanhoff
  • Aktuell "Aushilfe" beim BC 89 Bottrop

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