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Wie gut bildet das Jugendwettkampfsystem (JWS) Spielstärken ab?

Seit 2020 gilt im DBV das Jugendwettkampfsystem (JWS) mit einer einheitlichen bundesweiten Rangliste. Eine umfassende Auswertung zeigt: Die JWS-Ranglisten bilden die Spielstärken junger Athletinnen und Athleten mindestens so zuverlässig ab wie das frühere System — in Teilen sogar besser.

Von Edi Klein

 

Mit der Einführung des Jugendwettkampfsystems (JWS) 2020 verfolgte der Deutsche Badmintonverband das Ziel, unterschiedliche regionale Ranglistensysteme zusammenzuführen und die Vergleichbarkeit von Spielergebnissen bundesweit herzustellen. Um die praktische Wirksamkeit des Systems zu prüfen, wurden Turnier- und Ranglistendaten systematisch analysiert. Die zentrale Frage lautete: Wie gut spiegeln die neuen Ranglisten die tatsächliche Spielstärke zuverlässig wider?

Was das JWS verändert hat

Das JWS fasst die besten fünf Turnierergebnisse der letzten zwölf Monate in einer Disziplinrangliste zusammen und differenziert die Punktevergabe nach Altersklassen (U9–U19) sowie nach Turnierstufen (A–E). Dadurch soll eine einheitliche, transparente und vergleichbare Ranglistenstruktur entstehen, die auch Altersübergänge und unterschiedliche Turnierqualitäten berücksichtigt.

Wie die Qualität gemessen wurde

Für die Bewertung wurde die sogenannte Match Prediction Accuracy gewählt — also der Anteil der Spiele, in denen der in der Rangliste höher platzierte Spieler das Match gewinnt. Diese Methode wertet jedes einzelne Spiel aus und ist damit feinmaschiger und robuster gegenüber Ausreißern als ein reiner Vorher-/Nachher-Vergleich von Setzlisten und Endplatzierungen. In der Sportliteratur gelten Werte von rund 65–75 % als Indikator für eine gut funktionierende Rangliste.

Kernergebnisse

  • Vergleich mit früherem System: Der Vergleich der A-RLT-Turniere (U15–U19) von Januar–Juni 2025 mit A-RLT-Turnieren aus Herbst 2018 zeigt, dass die JWS-Werte ebenbürtig sind — teilweise liegen die Mittelwerte sogar leicht über den alten Werten. Das spricht dafür, dass die JWS-Ranglisten mindestens genauso realitätsnah sind wie das frühere System.
  • Turnierstufen-Unterschiede: Auf höher eingestuften Turnieren (A/B) lagen die gewichteten Mittelwerte überwiegend im sehr guten Bereich; auf B-RLT gab es in den meisten Konkurrenzen starke Werte, eine auffällige Ausnahme war z. B. das Mädchen-Einzel U13 mit etwa 61 % erwarteten Siegen, was bei näherer Untersuchung an einigen überbewerteten Spielerinnen lag. Kleinere Turniere (C/D/E) zeigten häufiger extreme Abweichungen — oft ein Effekt sehr kleiner Teilnehmerfelder.
  • Interpretation von Abweichungen: Einzelne Ausreißer sind erwartbar und nicht allein ein Beleg für ein fehlerhaftes System; relevant sind dauerhafte, breite Abweichungen in ganzen Konkurrenzen. Bei sehr kleinen Feldern können 0 % oder 100 % erwartete Siege entstehen und müssen kontextualisiert werden.

Beobachtete Anpassungen und ihre Wirkung

Das JWS ist kein statisches Regelwerk — während 2020–2024 wurden mehrere punktuelle Anpassungen vorgenommen und beobachtet:

  • Anfang 2021 wurden Verhältnisse zwischen Altersklassen (z. B. U11:U13, U13:U15) verändert, weil jüngere Spieler tendenziell zu hoch eingestuft wurden.
  • Zum 1.1.2024 wurde die Bepunktung bestimmter internationaler U15-Turniere ab Platz 9 reduziert und sehr weit entfernte Turniere aus der relevanten Liste gestrichen, um „Turniertourismus“ zu begrenzen.

Methodische Stärken und Grenzen

Die gewählte Match-Prediction-Methode ist robust und eignet sich gut zur systemweiten Bewertung, weil jedes Match einbezogen wird und die Messung gegenüber Ausreißern unempfindlich ist. Einschränkungen entstehen durch die Verfügbarkeit der Daten (manche historische Formate erforderten intensiven Aufbereitungsaufwand) sowie durch kleine Teilnehmerfelder, die statistisch schwer zu interpretieren sind. Weitere Verfeinerungen (z. B. Gewichtung nach Gegnerstärke oder Zeitreihenanalysen über 6–12 Monate) wären möglich und würden die Aussagekraft weiter erhöhen.

Bedeutung für Vereine, Trainer und Spieler

  • Für Vereine und Trainer: Die Ranglisten bieten eine belastbare Grundlage für Setzungen, Talentsichtung und Trainingsplanung — sind aber als ein Werkzeug unter mehreren zu verstehen.
  • Für Spieler und Eltern: Das System schafft Transparenz und Vergleichbarkeit über Regionen hinweg; einzelne überraschende Ergebnisse bleiben sportlich erwünscht und sind kein Qualitätsmangel der Ranglisten.

Die Auswertung bestätigt: Das JWS leistet seine Aufgabe — die bundesweite Vergleichbarkeit und eine realitätsnahe Abbildung der Jugendspielstärken. Die Methodik hat sich als praktikabel erwiesen und ermöglicht es, punktuelle Problembereiche zu identifizieren und datenbasiert zu korrigieren. Perspektivisch sind methodische Vertiefungen (z. B. stärkere Gewichtung von Gegnerqualität, Tracking von Spielerentwicklungen) denkbar, um das System noch aussagekräftiger zu machen.

Hier geht es zum vollständigen Artikel von Edi Klein.

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